EJC-Chorverbandstag 2024: Tradition oder Fortbestand?
Der diesjährige Chorverbandstag des Eugen-Jaekle-Chorverbands hat in Sontheim an der Brenz stattgefunden. Zahlreiche Vereine waren der Einladung des Verbands gefolgt. Für den Fortbestand des Chorgesangs seien jedoch neue Konzepte gefragt. EJC-Vorsitzender Rainer Grundler wurde für 20 Jahre Verbands-Engagement geehrt.
Bericht: Lena Werner
Am Sonntag, den 10. März, fand der Verbandstag des Eugen-Jaekle-Chorverbands (EJC) bei der Sänger-Eintracht Sontheim statt. 61 der insgesamt 103 im EJC organisierten Chöre waren der Einladung in die Gemeindehalle in Sontheim an der Brenz gefolgt; „rund 60 Prozent also, ein erfreuliches Ergebnis“, fand EJC-Vorsitzender Rainer Grundler in seinen Grußworten. Allgemein sei es ein gutes Zeichen, dass das Vereinsleben und der Chorgesang nach der Pandemie langsam wieder an Fahrt gewinnen. Dafür bedankte er sich vor allem bei den Vereinsfunktionären, Chorleitenden und allen Ehrenamtlichen, die das Vereinsleben mit viel Engagement vorantreiben.
Ein gutes Beispiel sei die gastgebende Sänger-Eintracht Sontheim, deren Erwachsenen- und Kinderchöre unter der Leitung von Elvira Foitl und Andrea Wölfl den Verbandstag musikalisch begleiteten. Besonders begrüßte Rainer Grundler die anwesenden Ehrenmitglieder Jutta Mack, Susanne Köngeter, Sieger Götz und Karl Rinn.
„Ein Sprungbrett, kein Ruhekissen“
In seinen Grußworten ging Sontheims Bürgermeister Tobias Rief auf die lange Tradition des Chorgesangs und der Musik in Sontheim ein. Das Singen gehöre im Ort fest zum Alltag dazu; die gut besuchten Vereine und zahlreichen musikalischen Veranstaltungen über das Jahr hinweg seien hierfür gute Belege.
Auch Landrat Peter Polta betonte in seiner Ansprache die Relevanz der sängerischen Tradition. Gleichzeitig verwies er mit dem Zitat des britischen Politikers Harold Macmillan auf die Notwendigkeit der Nachwuchsförderung: „Tradition soll ein Sprungbrett sein, aber kein Ruhekissen“. Es sei wichtig, attraktive Angebote zu schaffen, um auch junge Menschen für die Vereinsarbeit zu begeistern und die Tradition langfristig zu erhalten. Der EJC sei dabei auf dem richtigen Weg.
Landtagsabgeordneter Andreas Stoch nutzte sein Grußwort, um auf die Rolle des Vereinslebens für die Gesellschaft aufmerksam zu machen. Gerade in diesen unsicheren Zeiten sei es ein wertvolles und notwendiges Gut, dass Menschen zusammenkommen, die Gemeinschaft pflegen und gemeinsam etwas „Gutes“ schaffen. Auch er nutzte die Gelegenheit, den Vereinen und dem Chorverband für ihr Wirken zu danken.
Sinkende Mitgliederzahlen bereiten Sorgen; ein Chorbezirk vor Auflösung
EJC-Vorsitzender Rainer Grundler ging in seinem Bericht auf die anhaltend sinkenden Mitgliederzahlen in den Gesangvereinen ein. Über die vergangenen zehn Jahre hätte der Chorverband rund ein Viertel seiner aktiven Mitglieder verloren, „eine traurige Bilanz“, so Grundler. Die Pandemie sei dabei sicherlich ein beschleunigender Faktor gewesen, aber nicht die einzige Ursache. „Der Chorgesang konkurriert nach wie vor mit einer Vielzahl von Freizeitangeboten und muss sich der Tatsache stellen, dass die Bereitschaft, sich an einen Verein zu binden, gerade bei jungen Menschen sinkt“, erklärte er. Auch die Überalterung der Chöre sei ein Faktor, der die Vereine beschäftigt. Gefragt seien jetzt mehr denn je die Resilienz der Vereine und der Mut, neue Ideen umzusetzen. „Denn die Lust am Singen ist ungebrochen da – wir müssen nur die Lust am Verein wieder bei den Menschen wecken“, appellierte Grundler. Auch seien neue Konzepte gefordert, um den Fortbestand des Chorgesangs zu sichern, denn mit sinkenden Mitgliederzahlen beobachte der EJC-Vorstand auch Ensemble- oder sogar Vereinsauflösungen. Eine gangbare und gute Möglichkeit sei die Zusammenführung von Chören und Vereinen, findet Grundler: „Sportvereine machen uns das seit Jahren vor. Sie gründen Spielgemeinschaften, um Mannschaften zu erhalten. Das geht genauso gut mit Gesangvereinen!“ Beispiele hierfür gebe es im Chorverband einige. Man müsse sich nur trauen und offen sein für neue Wege. Grundler sprach gar von einer Zeitenwende, auf die sich die Vereine einstellen müssten: „Was ist uns wichtiger: Tradition oder Fortbestand?“
Ähnliches gelte für das ehrenamtliche Engagement im Chorverband. Für den Chorbezirk Aalen ist der EJC seit einem Jahr auf der Suche nach einem Nachfolger für das Amt des Bezirksvorsitzes. Frank Hosch war im März 2023 als Bezirksvorsitzender zurückgetreten. Interimsweise übernimmt Grundler seitdem das Amt, doch damit sei jetzt Schluss: „Findet sich innerhalb der nächsten Tage kein neuer Bezirksvorsitz, werden wir den Chorbezirk Aalen wie mehrfach erläutert auflösen und die darin organisierten Chöre auf die anderen Bezirke Heidenheim, Ellwangen und Bopfingen aufteilen“, erklärte Grundler.
Probenpauschale wird durch Land aufgestockt
Finanzvorsitzender Tobias Brenner ging in seinem Bericht auf die stabile Finanzlage des EJC ein. Einige Ausgaben wurden nicht getätigt, wie der für Juli 2023 geplante Kinder- und Chorjugendtag im Weststadtzentrum Aalen, welcher aufgrund mangelnder Anmeldungen abgesagt werden musste. Spendeneinnahmen gingen vor allem beim Festival der jungen Chöre am 7. Oktober 2023 in Hermaringen ein. Eine wichtige Neuerung für die Vereine gibt es ab 2024 in der Probenpauschale: Die Förderung durch das Land Baden-Württemberg bemisst sich ab sofort an der Anzahl aktiver Ensembles. Während Vereine und Organisationen mit einem aktiven Musikensemble mit 500 Euro gefördert werden, erhalten Vereine mit mehr als fünf aktiven Ensembles sogar einen Zuschuss in Höhe von 2.000 Euro jährlich. „Die engagierte Vereinsarbeit mit Chorgründungen lohnt sich also nicht nur aus sängerischer, sondern auch finanzieller Sicht“, erklärte Brenner.
Chorjugendvorsitzende im Amt bestätigt
Chorjugendvorsitzende Michaela Ruf gab in ihrem Bericht Einblicke in den am Vormittag durchgeführten Chorjugendverbandstag. Auch zu dieser Veranstaltung waren mehr als 50 Prozent aller in der Chorjugend organisierten Vereine erschienen, was Michaela Ruf sichtlich freute. Grundsätzlich wünsche man sich allerdings mehr Engagement und ein aktiveres Mitwirken der Vereine auf Verbandsebene: „Wir wollen die Vereine bei all ihren Herausforderungen und Aufgaben unterstützen und ihnen als Interessenvertretung den Rücken stärken. Dazu gehört auch, musikalische Angebote und Erlebnisse zu schaffen, die Kinder und Jugendliche für das Singen begeistern und den Austausch zwischen den Vereinen stärken. Aber ohne das Mitwirken eben dieser funktioniert das nicht“, erklärte Ruf.
Das Vorsitzenden-Team der Chorjugend wurde für seine Arbeit belohnt: Es durfte sich über eine einstimmige Entlastung freuen. Auch bei der Chorjugendvorsitzenden Michaela Ruf gab es Grund zur Freude; sie wurde am Vormittag von der Versammlung für eine weitere Periode in ihrem Amt bestätigt. Ein wenig getrübt wurde dieses Wahlergebnis von dem Umstand, dass erneut das Amt des stellvertretenden Jugend-Vorsitzes sowie das Amt für einen weiteren Beisitzenden nicht besetzt werden konnten. Vorfreude besteht für den am 15. Juni geplanten Kinder- und Chorjugend-Aktionstag im explorhino Science Center Aalen, für den noch Plätze frei sind.
Entlastung des EJC-Vorstandsteams
Ähnlich wie bei der Chorjugend wurde auch das EJC-Vorstandsteam nach dem schriftlichen Bericht des Kassenprüfers Frank Kroboth von der Versammlung einstimmig entlastet. Das Team dürfe sich darüber freuen, belege es doch die lobenswerte Verbandsarbeit und das große Engagement aller Verantwortlichen und Ehrenamtlichen, so Bürgermeister Rief.
Bei den späteren Wahlen wurde Finanzvorsitzender Tobias Brenner in seinem Amt für weitere vier Jahre bestätigt. Er ist seit 2016 als Finanzvorstand Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des EJC.
EJC-Vorsitzender Rainer Grundler für 20 Jahre Engagement geehrt
Beim Agenda-Punkt der Ehrungen stand an diesem Chorverbandstag einer derjenigen im Mittelpunkt, der sonst die Mitglieder ehrt: EJC-Vorsitzender Rainer Grundler wurde von seinem Vorsitzenden-Kollegen Günter Hopfensitz für 20 Jahre Engagement im Verband geehrt. „Ohne ihn wäre der EJC nicht dort, wo er heute steht. Rainer Grundler hat den Verband über die letzten beiden Jahrzehnte ganz maßgeblich geprägt und dafür gilt ihm größte Anerkennung und Respekt“, so Hopfensitz in seiner Laudatio. Von 2004 bis 2015 war Grundler zunächst Vorsitzender des Chorbezirks Heidenheim. Anschließend übernahm er für drei Jahre das Amt des stellvertretenden Chorverbandsvorsitzenden. Seit 2018 begleitet und prägt Grundler den EJC maßgeblich als Verbandsvorsitzender – seit 2021 als Doppelspitze gemeinsam mit Günter Hopfensitz.
EJC startet Infokanal auf WhatsApp
Um die Netzwerke im EJC zu stärken und die Chöre über ihre Vereinsgrenzen hinweg näher zusammenzubringen, ging am Chorverbandstag offiziell der neue WhatsApp-Infokanal des EJC an den Start. „Dadurch können unsere Sängerinnen und Sänger direkt und einfach über ihr Smartphone auf dem Laufenden darüber bleiben, was im EJC rund ums Thema Singen passiert“, erklärte Pressereferentin Lena Werner. Gedacht ist der Infokanal für musikalische Informationen der Chöre, wie beispielsweise geplante Konzerte, übergreifende Chorprojekte und -neugründungen sowie wichtige Mitteilungen des Verbands. Die Vereine können dafür ihre aufbereiteten Informationsmaterialien, wie z.B. Poster ihrer geplanten Konzerte, einfach an das Administratoren-Team schicken und über sie im Infokanal posten lassen. Nähere Infos finden Interessenten direkt im Infokanal über www.ogy.de/ejc-infokanal oder auf der EJC-Website.
Schwäbischer Chorverband feiert 175-jähriges Jubiläum
Die traditionsreiche Geschichte des Chorgesangs feiert 2024 auch der Schwäbische Chorverband (SCV). Unter dem Motto „Wir feiern Chor!“ plant der Dachverband des EJC vielfältige Veranstaltungen und Konzerte, an denen auch die im EJC organisierten Chöre mitwirken können. Als Teil der Chor-Familie sind sie eingeladen, ihre geplanten Konzerte auf der Jubiläums-Website online zu stellen und so ihre Verbundenheit zu zeigen.
Eine Neuerung gab es für die ruhende Mitgliedschaft im SCV. Konnten Vereine bisher für drei Jahre eine ruhende Mitgliedschaft für den Verein festlegen, wird diese nun auf ein einjähriges „Orientierungsjahr“ verkürzt. Dazu bieten der EJC und SCV vielfältige Informationsmaterialien und Beratungsangebote, um den Verein wieder auf Kurs zu bringen und langfristig zu erhalten. „Denn die Entscheidung, einen Verein aufzulösen, müssen Sie nicht alleine treffen. Wir unterstützen und beraten Sie dabei sehr gerne“, so Grundler.
Elvira Foitl als neue Verbandschorleiterin ernannt
Abschließend freute sich Verbandsvorsitzender Rainer Grundler, gute Nachrichten verkünden zu dürfen: Für das Amt der Verbandschorleiterin konnte eine Nachfolgerin gefunden werden. Chorleiterin Elvira Foitl von der Sänger-Eintracht Sontheim wird sich künftig um die chorisch-musikalischen Belange des Verbands kümmern und ist damit auch Mitglied des erweiterten EJC-Beirats. Zum Abschluss des EJC-Chorverbandstags wurde sie in ihrer neuen Rolle direkt aktiv: Mit dem gemeinsamen Anstimmen des Liedes „Von fern klingt leise eine Melodie“ beschloss die Versammlung den Chorverbandstag und erinnerte damit gleichzeitig an das verbindende Element aller Wirkenden und Gäste: die Leidenschaft für das gemeinsame Singen.
Der nächste Chorverbandstag wird 2026 im Chorbezirk Ellwangen stattfinden. Der gastgebende Verein steht noch nicht fest und wird zu gegebener Zeit bekannt gegeben.
Einzug unter dem Banner des Eugen-Jaekle-Chorverbands
Musikalisch wurde der Chorverbandstag von den Chören der Sänger-Eintracht Sontheim begleitet
Landtagsabgeordneter Andreas Stoch betonte in seinem Grußwort die Rolle des Vereinslebens für die Gesellschaft
EJC-Vorsitzender Rainer Grundler (rechts) wurde für sein 20-jähriges Engagement im EJC geehrt
Wirkte beim Chorverbandstag direkt in ihrem neuen Amt: Verbandschorleiterin Elvira Foitl
Das Vorstandsteam des EJC (v.l.): Finanzvorsitzender Tobias Brenner, Vorsitzender Rainer Grundler, Chorjugendvorsitzende Michaela Ruf, Vorsitzender Günter Hopfensitz