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Wer war Eugen Jaekle?

 

Eugen Jaekle

Eugen Jaekle - eine ungewöhnliche Lebensgeschichte

Eugen Jaekle wurde am 16. Januar 1870 in Schwäbisch Hall geboren. Nach dem Schulbesuch studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in München und Tübingen und lernte den Verwaltungsdienst in verschiedenen Oberämtern (heute Landratsämter) kennen. In Cannstatt fand er schließlich eine Anstellung im Polizeidienst.

 

 

 

 

Eugen Jaekle wird Oberbürgermeister von Heidenheim

Am 20. Dezember 1902 bewarb sich der damals 32 jährige um das Amt des Stadtschultheißen von Heidenheim. Über seinen Wahlkampf ist soviel überliefert: "Seine klare und sachliche Wahlrede machte großen Eindruck."
Er gewann die Wahl und wurde am 2. Februar 1903 in sein Amt als Stadtvorstand von Heidenheim an der Brenz eingesetzt. Bemerkenswert ist: Die Wahl erfolgte auf Lebenszeit.

So konnte Eugen Jaekle sein ganzes Talent in die Kommunalpolitik einbringen und wichtige Impulse für die Entwicklung der Stadt setzen. Dieses zielstrebige Wirken blieb auch höheren Ortes nicht verborgen. Der Württembergische König honorierte 1907 Jaekles erfolgreiches Wirken mit der Verleihung des Titels "Oberbürgermeister".

 

Eugen Jaekle und seine großen Leistungen in und für Heidenheim

Heidenheim "verewigte" seinen, wie es hieß genialen Stadtvorstand, in dem der zentrale Platz vor dem Rathaus bereits im Jahr 1928 auf den Namen "Eugen-Jaekle-Platz" getauft wurde.

Höhepunkte seines Wirkens:

  • 1903 Erbauung des Stadtbades
  • 1904 Errichtung der Bergschule
  • 1905 Verlegung des Industriegleises zur Firma Voith - Eisenbahnanschluss
  • 1905 Ausbau der höheren Schulen wird in die Wege geleitet
  • 1906 Grundsätze zur Niederhaltung der Bauplatzpreise wurden beschlossen, dadurch günstige Bauplätze in Heidenheim
  • 1907 Gründung der Gemeinnützigen Baugenossenschaft
  • 1910 Eingemeindung von Schnaitheim
  • 1912 Bau des Konzerthauses
  • 1919 Gründung des Hirschparks bei Schloß Hellenstein und Gründung der Reichsheimstättensiedlung (Voithsiedlung)
  • 1928 Anschluss Giengens an das Gasnetz durch Erweiterung des Gaswerks Heidenheim
  • 1929 Erweiterung der Gewerbeschule, Einweihung des städtischen Altenheims, Vollendung eines Teils der Wedelüberdeckung

Die Dreißiger Jahre führten zu Einbrüchen in der Wirtschaftskraft Heidenheims. Trotz zweier Besuche des Wirtschaftsministers vermochte Eugen Jaekle keine Vergünstigungen zu erreichen. So machte er sich selbst daran, durch Notstandsarbeiten die Arbeitslosigkeit zu lindern. Bei 2,5 Millionen Mark Haushaltsvolumen kletterte die Verschuldung auf 3 Millionen. Wärmestuben wurden für die eingerichtet, die nichts hatten. Der Anbruch des Dritten Reiches brachten Anzeichen der Wende.

 

Der Abschied

Eugen JaekleEugen Jaekle wollte es genug sein lassen, nach dem 1933 die NSDAP "auf" dem Rathaus die Macht übernommen hatte und dem OB das Zepter nehmen wollte. Das 65-jährige Stadtoberhaupt reichte 1935 seinen Abschied ein und wurde in Abwesenheit der Partei von Landrat Dr.Fetzer, dem Industriellen Dr. Hermann Voith, dem Oberstudiendirektor Dr. Honold und dem damaligen "Vize" Gustav Müller verabschiedet. Noch einmal war Gelegenheit, die Verdienste des großen alten Mannes - wie es hieß - zu würdigen. 3000 Reichsmark Ehrengabe wurden überreicht. Jaekles Wohnungsbau- und Grundstückspolitik wurden zum Vorbild für viele andere Städte.

Vom wohlverdienten Ruhestand hatte Eugen Jaekle nicht viel. Am 6. Dezember 1936 starb er. Sämtliche Heidenheimer Gesangvereine begleiteten ihn mit ihren Fahnen auf seinem letzten Weg bis zur Stadtgrenze und verabschiedeten den großen Sänger mit einem gemeinsamen Lied. In Ulm fand die Aussegnung im Beisein hoher Repräsentanten des Deutschen Sängerbundes und der Schwäbischen und Ostwürttembergischen Sängerbewegung statt. Sein Grab befindet sich auf dem Totenbergfriedhof, wo 1969 Eugen Jaekles Lebensgefährtin ebenfalls die letzte Ruhestätte fand.

 

Eugen Jaekle und die Sängersache

Sängerclub Heidenheim

1902 wurde Eugen Jaekle zum Vorsitzenden des Sängerclubs Heidenheim gewählt. Unter seiner Führung erlebte der Sängerclub einen großartigen Aufschwung - zahlenmäßig und künstlerisch. Die Schar der Aktiven kletterte auf 95 Mann, ein Frauenchor wurde gegründet.
1911 legte Jaekle den Vorsitz nieder und wurde zum Ehrenvorstand ernannt.

 

Präsident des Schwäbischen Sängerbundes

Eugen Jaekle, der selbst aktiver Sänger war, zog sich damit nicht zurück. Eugen Jaekle war ein begabter Redner und als solcher im weiten Schwäbischen Sängerbund sehr wohl bekannt. Es blieb nicht aus, dass Eugen Jaekle gedrängt und 1919 in der Stuttgarter Liederhalle zum Präsidenten des Schwäbischen Sängerbundes gewählt wurde. Der Brenztäler hatte beim Neuanfang der Sängerbewegung nach dem Ersten Weltkrieg viel Geschick. Der Schwäbische Sängerbund wuchs von 383 Gesangvereinen mit 18.000 Sängerinnen und Sänger auf 1.000 Vereine mit 46.000 Aktiven im Jahr 1925.

Den Nazis wurde Eugen Jaekle unheimlich, schließlich verhinderte er 1933 mit wortgewaltiger Bescheidenheit die besondere Einflussnahme der NSDAP. Bei der Bundesversammlung 1934 in Biberach überließ Eugen Jaekle sein Amt dem damaligen Innenminister Dr. J. Schmidt.

Viele bedeutende Gesangvereine im SSB ernannten Eugen Jaekle zu ihrem Ehrenmitglied.

Auch nach seinem Abschied 1935 aus dem Amt des Oberbürgermeisters besuchten ihn immer wieder Gesangvereine in Heidenheim und erfreuten den Grandsegnieur des Schwäbischen Chorgesangs mit einem Ständchen.


Quelle: Festschrift 100 Jahre Eugen-Jaekle Gau 1887-1987
bearbeitet von Wolfgang Abele, 2003