Ellwangen. Das deutsche Laienchorwesen ist musikgeschichtlich schon eine Besonderheit, die auf internationaler Ebene ihresgleichen sucht und sich in regionalen Sängerbünden darstellt. Die Entwicklung des deutschen Gesangvereinswesens hat zunächst gesellschaftspolitische Gründe und führt uns in das Erstarken der Versammlungsfreiheit in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Männervereine, was beim Chorgesang zur Schaffung einer Fülle von, auch stark national geprägter Männerchorliteratur führte. Bereits 1849 wurde der Schwäbische Sängerbund, als Zusammenschluss regionaler Sängergaue, gegründet. 1887 hatten sich dann die Gesangvereine aus Aalen, Ellwangen, Heidenheim und Neresheim zum „Ostgau“ zusammengeschlossen, der sich seit 1953 „Eugen Jaeckle-Gau e.V.“ nennt. Entsprechend dem gesellschaftlichen Wandel umfasst dieser gegenwärtig ein vielgliedriges Spektrum von Kinder-, Jugend-, Gemischte- und Männerchören, wobei das ursprüngliche Männerchor-Schwergewicht sich längst auf das gemischte Singen verlagert hat und die „Dirigentin“ zur Regel geworden ist. Der Erlös des Kirchenkonzertes kommt dem Ellwanger ökumenischen ambulanten Hospizdienst zugute, wie der Hausherr Pfarrer Martin Schuster vor dem riesigen Publikum ausführte, für das die Plätze in der Kirche nicht ausreichen wollten. Den Reigen der Darbietungen eröffnete der Männerchor des Liederkranzes Röhlingen unter Chorleiter Wolfgang Frankenreiter mit Breus „Sonntag ist’s“. Bei „Herr, unser Gott“ von Schnabel/Christ war fugiertes Singen gefordert. Bei Silchers „Sanctus“ und Beethovens „Die Himmel rühmen“ achtete der Dirigent auf zügigen Vortrag, auch angesichts hoher Anforderungen an die Intonation. Der Männerchor Ramsenstrut unter Werner Kutscherauer ließ in Kreutzers „Das ist der Tag des Herrn“ bei feinen Stimmen deutliches Sprechen hören. Mozarts „O Schutzgeist“ mit seinen durchaus fordernden Harmonien wurde (leider a cappella) mit weit auslandender Dynamik und tragender Melodiegestaltung gesungen. Beeindruckend war der Vortrag des russischen Vespergesangs „Tebje Pajom“ der wohlklingend sauber, ja fromm, vorgetragen wurde. Einzige gemischte Chorgruppe war der „Sängerbund Eintracht Adelmannsfelden“ unter Claudia Boy-Bittner mit Peter Waldenmeier am E-Piano. Das „Kyrie“ von Tore W. Aas, mit vornehmem Unisono beginnend, ging über in klares, polyphones Singen, dynamisch organisch geführt bei dezenter Instrumentalbegleitung. Das „Ave Maria“ von Giulio Caccini mit bewundernswerter Stimmbeherrschung und makellosem Chorklang vorgetragen, bestimmt als Frucht differenzierter Singschulung, die auch ein „Tutti“ samtweich klingen lässt. Der Männergesangverein Eggenrot unter Markus Kuhn folgte mit „Herr Jesus, sei unser Gast“ und „ Hosianna“ von H. Schulz. Beiden Chorsätzen stellten sich die Chorsänger mit Begeisterung. Auch das Wagnis des Spirituals „Keiner hat je“ gilt als mutiger Schritt ins chorische Heute. Den Abschluss des Konzertes gestaltete der Männerchor des „Liederkranz Ellwangen“ unter der Leitung von Hans Kucher, der bei Gotthilf Fischers bekanntem „Frieden“ eine Singgemeinschaft vorstellte, die auch in den oberen Lagen feine Tongebung hat und den Vorgaben ihres Leiters willig folgt. Bei O. Grolls „O Herr, welch ein Abend“ war des Chorleiters Tenorsolo zu erleben, das sich unaufdringlich in den Chorgesang fügte. Mit „Herr, deine Güte“ schloss ein Chorkonzert, das eindrucksvoll den Stand des Laienchorwesens im Ellwanger Raum vorzuführen wusste.

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Der Männerchor Ramsenstrut ließ Mozarts „O Schutzgeist“ hören.  (Foto: Weigold)

© Schwäbische Post 01.05.2012 (Hermann Weigold)